Das Ende der Friedensdividende

Spätestens mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine wurde klar, dass es mit der Friedensdividende vorbei ist. Welche Folgen hat das für Deutschland und die EU?

Der Überfall Russlands auf die Ukraine ist eine politische, militärische und wirtschaftliche Zäsur. Spätestens am 24. Februar 2022 wurde klar, dass es mit der Friedensdividende vorbei ist.

Der Fall der Berliner Mauer hatte zu einem drastischen Absinken der Militärausgaben geführt. Die BRD gab in den 30 Jahren vor dem Mauerfall jährlich etwa 3,3 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für die Verteidigung aus – in den 30 Jahren nach der Wiedervereinigung hat sich dieser Wert auf etwa 1,4 Prozent pro Jahr mehr als halbiert.

Deutschland hatte also vom Ende des Kalten Krieges finanziell enorm profitiert. Dank dieser Friedensdividende haben wir seit 1990 mehr als zwei Billionen Euro eingespart. Wir konnten das Geld etwa für Bildung und Infrastruktur einsetzen.

Sicherheit gibt es nicht umsonst

Jetzt hat sich das Blatt gewendet. Die Friedensdividende ist versiegt. Sicherheit gibt es nicht umsonst. Das hat nicht nur für Deutschland Konsequenzen. Auch die EU ist vor enorme Herausforderungen gestellt. Derzeit werden dort etwa 1,5 Prozent des BIP für die Verteidigung ausgegeben. Würde diese Quote um 0,5 Prozentpunkte steigen, entspräche dies rund 70 Milliarden Euro im Jahr.

Woher soll das Geld kommen?

Deutschland will die Mittel für die Bundeswehr um 100 Milliarden Euro aufstocken. Woher soll dieses Geld kommen? Steuern? Dann sinkt die Kaufkraft und die Wirtschaft wird geschwächt. Höhere Schulden? Dadurch werden die nächsten Generationen belastet, die ohnehin schon an den Kosten der Corona-Pandemie werden leiden müssen. Also bei anderen Posten sparen?

Wahrscheinlich werden alle drei Wege beschritten: höhere Steuern, höhere Schulden, weniger Ausgaben. In jedem Fall wird es eine Herausforderung für unser Land, zumal die Anstrengungen zum Abbau der Abhängigkeit von russischem Erdgas und Öl sich auch finanziell niederschlagen.

Es wird unbequem

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Deutschen im März beim Friedenskonzert der Berliner Philharmoniker auf schwere Zeiten eingestimmt. Er mahnte, die Bereitschaft zu Einschränkungen werde noch lange gefordert sein. Auch wenn manche noch immer glauben möchten, dass das Leben wie gewohnt weiter geht – ein bisschen Heizung herunterdrehen wird nicht reichen. Wir haben uns bei der Verteidigung auf die USA verlassen, bei den Rohstoffen auf Russland, beim Export auf China. Und jetzt? Die Friedensdividende ist aufgezehrt – und kaum ein Land dürfte es so hart treffen wie die Bundesrepublik. Hält unsere liberale Demokratie das aus?

Quellen:   

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