In den letzten Wochen war an den Rentenmärkten das Phänomen zu beobachten, dass die Inflationsraten kräftig angesprungen sind, die Zinsen für langlaufende Staatsanleihen sich aber bereits wieder zurückgebildet haben. Eine sehr ungewöhnliche Situation, da normalerweise eine höhere Inflation auch steigende Zinsen an den Kapitalmärkten nach sich ziehen. Nun stellt sich die Frage, ob der Inflationsanstieg nur temporärer Natur ist und die Inflation wieder schnell sinken wird oder wir perspektivisch doch mit höheren Inflationsraten und damit auch höheren Zinsen leben müssen.
Wir erwarten angesichts der weiteren konjunkturellen Erholung den Höhepunkt der Inflation erst gegen Jahresende. Die zunehmende Öffnung der Volkswirtschaften wird die Nachfrage weiterhin treiben. Wir alle haben Nachholbedarf nach beispielsweise Reisen, Konzert- oder Restaurantbesuche. Die in der Corona-Krise zwangsweise gebildeten Ersparnisse werden in den nächsten Monaten aber auch zum Kauf langlebiger Güter wie etwa Autos genutzt. Auf der Angebotsseite sehen wir aber immer noch Engpässe. Ein weiteres Beispiel neben dem schon länger vorherrschenden Mangel an Computerchips ist der jüngste Megastau im Hafen von Yantian in China, dem viertgrößten Containerhafen der Welt. Da von hier aus die gesamte Welt beliefert wird, verblasst sogar die durch die Ever Given im Suez-Kanal verursachte Unterbrechung der Lieferketten. U.a. die bereits stark anziehenden Frachtraten für Container lassen die Produzentenpreise überproportional steigen. Trifft nun eine erhöhte Nachfrage der Konsumenten auf ein knappes Angebot werden auch die Verbraucherpreise weiter steigen.
Für uns im Portfolio Management ergibt sich aus dieser Situation eine Gelegenheit. Entgegen der Erwartung, dass höhere Inflation zu höheren Renditen führt, sanken die Renditen gegenüber ihren diesjährigen Höchstständen, was anziehende Kurse der Anleihen bedeutet. Wir nutzen das gestiegene Kursniveau, um Anleihen zu reduzieren und erhöhen im Gegenzug die Sachwertanlage Aktien. Steigende Zinsen sind nicht optimal für die Aktienmärkte, aber es gibt Branchen, die von höheren Zinsen profitieren. Ein direkter und deutlicher Nutznießer von steigenden Zinsen ist die Finanzbranche. Insbesondere eine steilere Zinsstrukturkurve ermöglicht es, mit Fristentransformation – also der Hereinnahme kurzfristiger Gelder und der langfristigen Kreditvergabe – Erträge zu erwirtschaften. Mit der weiteren konjunkturellen Erholung werden zudem Kreditausfallrisiken geringer und die Bilanzqualität der Banken verbessert sich. Für uns ist die Attraktivität des Finanzsektors so hoch, dass wir den Satelliten „Finanzdienstleistungen“ auch in unserer konservativen und ausgewogenen Vermögensverwaltung zuschalten.
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