Auf dem Euro-Gipfel in der letzten Woche sollte es hauptsächlich um die Verteilung der knappen Impfstoffe und die weiteren Schritte in der Corona-Pandemie gehen. Ein natürliches Thema angesichts der aktuellen Nachrichtenlage und dem zunehmend deutlichen Abfallen der EU bei dem Impffortschritten.
Jedoch kam auch ein anderes Thema zur Sprache, das gar nicht auf der Agenda stand. Der italienische Premierminister Draghi forderte die Einführung von Euro-Anleihen. Diese sollen die bereits beschlossenen europäischen Anleihen zur Finanzierung des Wiederaufbaufonds fortführen und damit die langfristige Finanzierungsfähigkeit der Euro-Länder sichern. Die weiteren Argumente sind auch nicht neu; zur Vervollständigung der Banken- und Kapitalmarktunion sowie zur Stärkung des Euro als internationale Währung braucht man einen großen Markt von Eurostaatsanleihen.
Die vorgebrachen Argumente für gemeinsame Euro-Staatsanleihen sind alle richtig, vergessen aber das wichtigste Gegenargument zu nennen: Ein gemeinsamer Währungsraum sollte Staatsanleihen mit einer gemeinschaftlichen Haftung nur begeben, wenn die strukturellen Differenzen nicht so groß sind.
Nun, man könnte argumentieren, dass Deutschland wirklich bemüht ist, sich strukturell auf Italien zuzubewegen. Aber die Unterschiede zwischen den wirtschaftlich stärkeren Ländern und den schwächeren Ländern sind weiterhin groß. Vor diesen Hintergrund machen gemeinsame Staatsanleihen nur wenig Sinn, auch wenn die Attraktivität für Italien in der Coronakrise gestiegen ist. Die Coronakrise aber als Trojanisches Pferd zu Nutzen, ist clever und spricht für den italienischen Regierungschef.
Es ist jetzt nicht die Zeit über die Einführung von gemeinsamen Staatsanleihen zu diskutieren. Eine Fiskalunion und damit einhergehende gemeinsame Staatsanleihen müssen den Menschen erklärt werden, damit ein solcher Schritt auch die notwendige Akzeptanz findet. Ansonsten werden neben den wirtschaftlichen Fliehkräften auch noch die politischen Fliehkräfte zunehmen. Sicherlich, das Thema muss in Zukunft gelöst werden, aber alles zu seiner Zeit.
Kommentare
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Michael Gruenenwald
Draghi muss liefern, dazu ist ihm jedes Mittel recht.