Finanzmärkte lernen wieder alleine zu laufen

US-Notenbankchef Powell hat in seiner heutigen Rede den Finanzmärkten die erhoffte Unterstützung versagt. Nach dem Anstieg der Inflationserwartungen und der Renditen in den USA waren die Hoffnungen groß, dass Powell heute mögliche Unterstützungen der Finanzmärkte andeutet. Insbesondere auf eine mögliche Ausweitung der Anleihekäufe wurde gehofft. Die Reaktion kam auf dem Fuße. Die Renditen für 10-jährige US-Staatsanleihen stiegen über die wichtige psychologische Marke von 1,5% und die US-Aktienmärkte fielen deutlich um über 2%, dabei ist abermals der US-Techsektor am stärksten gefallen.

Die Reaktion der Aktienmärkte macht wieder einmal eindrücklich deutlich, wie stark die Investoren auf die Hilfe der Notenbank gehofft haben oder sich auch schon verlassen haben. Dabei hat Powell und die Fed mit ihrer Einschätzung völlig recht. Der moderate Anstieg der Renditen in den letzten Tagen hat das finanzielle Umfeld nur leicht verschärft und man ist noch weit entfernt von dem Punkt, an dem die Renditen das Wachstum in den USA tatsächlich bremsen würde. Daher kann die US-Notenbank zurzeit noch relativ gelassen dem Treiben an den Finanzmärkten zusehen. Als positiver Nebeneffekt lernen die Investoren auch, langsam wieder ohne die stützende Hilfe der Fed durch das etwas unsicherere Umfeld zu gehen, was langfristig ein notwendiger Lernprozess ist.

Für die Finanzmärkte dürfte die etwas unruhigere Zeit noch nicht vorbei sein. Die Unsicherheit über die Inflationsdynamik sollte noch etwas andauern und auch die Sorgen über höhere Zinsen werden nicht über Nacht verschwinden. Man sollte aber auch nicht vergessen, dass die Notenbankzinsen bei 0% stehen und die US-Notenbank auch nicht plant, dies schnell zu ändern. Die Renditen sollten bei rund 1,5% langsam zur Ruhe kommen. Das wichtige ist aber, dass die höhere Inflationsdynamik durch ein robustes Wachstumsumfeld möglich wird. Für eine Steigerung der Unternehmensgewinne – und damit einhergehend eine Rechtfertigung der kräftigen Anstiege der Aktienkurse – ist ein robustes Wirtschaftswachstum aber unabdingbare Voraussetzung.

Die aktuelle Volatilität ist zwar keine angenehme Phase an den Finanzmärkten. Wenn am Ende aber die Abhängigkeit von den Notenbanken geringer ist und die globale Wirtschaft in ein selbsttragendes Wachstumsumfeld gemündet ist, dann hat sich der emotionale Aufwand zumindest von dieser Seite aus gelohnt. (siehe auch https://www.bielmeierswelt.com/2021/03/01/nicht-erschrecken-lassen-inflation-gehoert-zu-wachstum/)

Ihre Bewertung
Vielen Dank für Ihre Wertung. Ihre Wertung:
Durchschnittliche Bewertung:
4.8
Anzahl abgegebener Bewertungen:
8

Kommentare

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.
Michael Gruenenwald

"Jay" Powell war den Investoren einfach nicht expansiv genug - hätte er direkt eine "Operation Twist", Zinskurvenmanagement oder Durationsverlängerungen ankündigen sollen? Wohl kaum - höhere Inflationserwartungen gehören nun einmal zu einer Verbesserung der wirtschaftlichen Lage. Es müssen nicht zwangsläufig Zinsschocks folgen. Zwei Dinge kann man aus der "Wall Street Journal Konferenz" mitnehmen: Die US-Notenbank sieht weiterhin die schleppende Entwicklung am Arbeitsmarkt flankiert von etwas mehr inflationären Tendenzen und Powell ist wegen den jüngsten Zinsentwicklungen nicht besonders beunruhigt - "unerwünschten Tightening" wird die Zentralbank zunächst mit dem Instrument der "Moral Suasion" entgegentreten. Insgesamt kann dies schon zu entsprechenden Schwankungen führen.

Florian Schaefer

Schön dass Herr Bielmeier seinen Blog fortführt.
Wird es hier wieder eine App geben?
Würde ich mir sehr wünschen.

Ayse Rüzgar

Hallo Herr Schäfer,
es freut uns sehr, dass der Blog Ihnen gefällt.
Eine App wird es nicht geben. Wir Wünschen Ihnen weiterhin viel Spass beim Lesen.

Viele Grüße
BielmeiersWelt-Team

Halten Sie sich mit unserem

Alert-Abo auf dem Laufenden.

Und erhalten Sie eine E-Mail bei neuen Beiträgen.

Jetzt abonnieren