Die Macht der Halbleiter: Wie Chips die Weltwirtschaft steuern

Der weltweite Halbleitermangel beeinträchtigt viele Industrien, besonders die deutsche Automobilbranche. Geopolitische Spannungen und Lieferengpässe verschärfen die Lage. Können Subventionen und Produktionsverlagerungen die Krise lösen?

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  • Chip-Mangel: Der weltweite Halbleitermangel beeinträchtigt die deutsche Automobilindustrie und andere Branchen.
  • Marktdominanz: Taiwan, China, Südkorea, Japan und die USA beherrschen den Halbleitermarkt.
  • Maßnahmen: USA und Europa fördern mit Subventionen die lokale Chipproduktion, um Abhängigkeiten zu reduzieren.

Chip-Mangel lähmt die Automobilindustrie

Chip-Mangel hat in der deutschen Automobilindustrie in den letzten Jahren ganze Produktionslinien lahmgelegt. Und nicht nur die Autoindustrie ist betroffen. Laut einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom im vergangenen Jahr hatten 89 Prozent der Unternehmen in Deutschland Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Halbleitern. Die Gründe sind Lieferverzögerungen (5 Monate im Jahr 2023) und Preiserhöhungen. Deutschland und Europa müssten einseitige Abhängigkeiten bei Halbleitern beenden, sagt Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst. Denn wenn der Chip-Nachschub ausbleibt, gerät die Wirtschaft ins Stocken.

Taiwans zentrale Rolle und geopolitische Risiken in der Chip-Produktion

Die globale Abhängigkeit von Halbleitern bedroht Industrie und Wirtschaft bis hin zur nationalen Sicherheit. Nur wenige Länder beherrschen den Halbleitermarkt.

Der Großteil der modernen Chip-Produktion ist in Asien konzentriert, vor allem in Taiwan.

TSMC und weitere Firmen beliefern praktisch alle Kunden, die Chips selbst designen, aber nicht produzieren, zum Beispiel Nvidia und AMD sowie Anbieter von Elektronikgeräten wie Apple und Tesla. Auch beim Testen und bei der Verpackung von Mikrochips nimmt Taiwan eine wichtige Rolle ein. Das Problem: China betrachtet die Chip-Hochburg als Teil seines Territoriums und droht mit militärischer Invasion. In dem Fall wäre ein großer Teil der Weltwirtschaft erpressbar.

Wettbewerb und Strategien in der globalen Halbleiterindustrie

Die Chip-Industrie hängt von fragilen Lieferketten ab. Die wenigen wichtigen Herstellerländer konkurrieren immer offener miteinander und duellieren sich zum Teil mit Exportrestriktionen.

Im Rahmen der Initiative „Made in China 2025“ will Peking zunehmend autonom vom Rest der Welt werden. Die Volksrepublik nimmt eine immer wichtigere Rolle in der Halbleiterindustrie ein, auch wenn sich viele Firmen noch auf Test und Montage konzentrieren. Aber das Unternehmen SMIC gehört bereits zu den größten Chipherstellern der Welt. China hat schon jetzt eine große Marktmacht im Bereich der Legacy-Chips erreicht. Das sind ältere, ausgereifte Halbleiter, die zum Beispiel in Waschmaschinen, Autos oder medizinischen Geräten verbaut werden. China könnte mit subventionierten Chips den Weltmarkt überschwemmen und so westliche Chiphersteller verdrängen. Das würde die Abhängigkeit der USA und der EU von China erhöhen.

Die USA sind das Geburtsland der Halbleiter und bis heute Vorreiter bei der Entwicklung. Sie verschärfen seit Längerem Exportbeschränkungen von Chips und Maschinen für ihre Herstellung nach China. Sie wollen vor allem Chinas Zugang zu fortschrittlichen KI-Chips begrenzen, die für militärische Anwendungen eingesetzt werden können.

Neben den USA, Taiwan und China spielen auch Südkorea und Japan eine wichtige Rolle auf dem boomenden Markt.

Südkorea stellt mit Samsung und SK Hynix die beiden führenden Hersteller von Speicherchips. Samsung fordert außerdem mit Logik-Chips für künstliche Intelligenz den weltweiten Technologieführer TSMC aus Taiwan heraus. Zusätzlich hat Südkorea Pläne für einen „Halbleiter-Megacluster“. Bis zum Jahr 2047 sollen für umgerechnet Hunderte Milliarden Euro eine Kette von Chipfabriken (Fabs) entstehen. Der Komplex soll die weltweit größte Chipfertigungs-Kapazität erzielen.

In Japan sitzt der größte Wafer-Hersteller der Welt, Shin-Etsu. Stark ist das Land auch bei der Produktion von Fotolack, mit dem Wafer beschichtet werden.

Europas wichtigstes Halbleiterunternehmen ist ASML aus den Niederlanden. Die Firma stellt als einzige der Welt Produktionsmaschinen für hochspezialisierte Chips her. Wie die USA hat Europa die Fertigung von Chips weitgehend aufgegeben und nach Asien ausgelagert.

Staatliche Subventionen zur Stärkung der Chip-Produktion

Subventionen sollen jetzt einen Ausgleich schaffen. Die USA holen die Chip-Produktion aus Asien ins eigene Land und haben eine staatliche Unterstützung von bis zu 39 Milliarden Dollar für Halbleiter-Ansiedlungen vorgesehen. Damit ist zum Beispiel der südkoreanische Samsung-Konzern gelockt worden. Er baut mit einer Unterstützung von bis zu 6,4 Milliarden Dollar neue Standorte für Entwicklung und Fertigung in Texas. Dort sollen unter anderem modernste Chips mit Strukturbreiten von zwei Nanometern produziert werden. Auch der taiwanesischen Firma TSMC wurden 6,6 Milliarden zugesprochen.

Auch in Europa entstehen mit hohen Subventionen riesige Fabriken für die Chipproduktion. Die EU hat 2023 ein Gesetz zur Stärkung der Chip-Industrie verabschiedet. Angestrebt wird mit dem „Chips Act“, den internationalen Marktanteil der EU in der Halbleiterproduktion auf 20 Prozent zu erhöhen und vor allem Abhängigkeiten von China zu verkleinern. Die EU-Verordnung soll durch 3,3 Milliarden Euro EU-Subventionen für die Chipbranche weitere 40 Milliarden Euro Investitionen auslösen.

Auch Deutschland will sich mit Subventionen auf dem Halbleitermarkt aufstellen. So siedelt sich Intel mit einer 10 Milliarden Euro-Förderung in Magdeburg an und der taiwanesische Halbleiterhersteller TSMC will mit einer Unterstützung von voraussichtlich 5 Milliarden Euro bis 2027 eine Produktionsstätte für Nano-Chips in Dresden errichten.

Die Ansiedlung von Chipherstellern in Deutschland mittels hoher Subventionen ist eine Politik, mit der wirtschaftliche Risiken hierzulande reduziert werden sollen. Und der Aufbau von TSMC-Produktionsstätten außerhalb von Taiwan reduziert das Risiko, dass sich China die Insel militärisch einverleibt.

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Quellen:

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