Und Sie bewegt sich doch

In der letzten Woche hatte ich noch geschrieben „Einzig die EZB könnte in den kommenden Wochen negativ überraschen und unerwartet die Zinsen anheben. Aber ohne eine entsprechende Vorbereitung wird dies nicht erfolgen, so ungeschickt wird man in der EZB nicht sein.“

Der erste Satz war richtig, wie man letzte Woche gesehen hat, aber der zweite war leider falsch. Nach der Lernkurve der letzten Jahre ist es wirklich überraschend, dass die EZB unter der Führung von Frau Lagarde sich so ungeschickt verhält. Offensichtlich hat man viel zu lange an der Meinung festgehalten, dass die Inflation nur ein vorübergehendes Phänomen sein. Auch hier waren die anderen Notenbanken progressiver unterwegs.

Nun gut, das Kind ist erst mal in den Brunnen gefallen. Was kann man jetzt erwarten und auf was muss man sich einstellen?

Jetzt, da man kommunikativ den ersten Stein ins Wasser geworfen hat und die unvermeidbaren Wellen an den Kapitalmärkten entstanden sind, sollte die EZB die Chance nutzen und die Zinsen im Laufe des Jahres um 50 Basispunkte anheben. Mit dieser Anhebung würde man die Diskussion um negative Zinsen für Privatkunden beenden und die strukturelle Situation bei den europäischen Banken verbessern. Dies erscheint mir aber auch das Maximum, das die EZB machen wird.

Bei der zögerlichen Haltung in den letzten Monaten und der Aussicht, dass die Inflation nicht weiter steigt, sondern im Jahresverlauf sogar wieder leicht fällt, könnte es aber auch gut sein, dass den Mitgliedern des EZB Rates der Mut wieder verlässt und er die Zinsen nicht anhebt oder es bei einem Schritt belässt.

Zwei Schritte sind bereits weitestgehend eingepreist worden. Somit dürften die stärksten negativen Effekte an den europäischen Kapitalmärkten bereits vorüber sein. Jedoch wird die Volatilität höher bleiben, da die Unsicherheit nun spürbar gewachsen ist. Europäische Banken und Versicherungen sollten von der neuen Ausrichtung der EZB am meisten profitieren. Konjunkturell wäre eine Zinsanhebung um 50 Basispunkte aber weitestgehend unschädlich.

Was die EZB in den kommenden Wochen auch immer im Sinn hat, man wird darauf achten, dass die Spreads für die Euro-Länder und Unternehmen nicht so stark steigen werden. Das politische Umfeld ist wegen der Ukrainekrise sowieso sehr angespannt. Hier wird man es tunlichst vermeiden, durch steigende Spreads eine erneute Diskussion über die mittelfristige Stabilität des Euroraumes anzufangen.

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