In Deutschland liegt die aktuelle Inzidenz bei unter 10 und das Coronavirus scheint Schrecken verloren zu haben. Die Menschen hoffen auf den gewöhnlichen Alltag, auf Urlaub und Reisen. In manchen Ländern zeigen die wieder aufgenommenen Einschränkungen im täglichen Leben in Lissabon, Sydney und Israel eindrücklich, dass der Coronavirus weiterhin aktiv ist und nur wenig an seiner Gefährlichkeit verloren hat. Die positive Entwicklung – neben dem sommerlichen Wetter – ist der Impffortschritt innerhalb der Bevölkerungen.
Die empfundene Sicherheit, die sich aus dem Impffortschritt speist, scheint aber trügerisch zu sein. Die aktuelle Delta-Variante des Corona-Virus breitet sich mit zunehmender Geschwindigkeit aus. Selbst vollständig Geimpfte scheinen vor einer Infektion nicht sicher zu sein. Die natürliche Mutation des Virus sorgt also dafür, dass sich das Coronavirus mit hoher Geschwindigkeit an Veränderungen im seinen Umfeld – die Impfungen – anpasst. Es ist also damit zu rechnen, dass es nach der Delta-Variante noch weitere Varianten geben wird, wobei man sich bei der Namensgebung wohl weiterhin an das griechischen Alphabet anlehnen wird. Dabei ist es allerdings offen, ob bereits die Delta-Variante oder erst die Epsilon oder Zeta-Variante in Europa einen deutlichen Anstieg der Inzidenzzahlen mit sich bringen werden. Dies wird wohl auch von den jahreszeitlichen Wetterbedingungen abhängen.
Werden wir also im Herbst und Winter wieder in den Lockdown geschickt? Aus meiner Sicht ist dies kein realistisches Szenario. Die freiheitlichen demokratischen Länder können sich einen weiteren längeren Lockdown politisch und wirtschaftlich kaum noch leisten. Aus politischer Sicht muss man einen anderen Weg finden, mit dem Coronavirus umzugehen. Auch wenn es für manchen Politiker reizvoll erscheinen mag – man kann die freiheitlichen Grundrechte nicht dauerhaft aussetzen, ohne die Demokratie zu beschädigen. Eine solche Machtkonzentration auf Dauer hat in der Vergangenheit selbst zutiefst demokratischen Systemen nicht gutgetan. Wirtschaftlich hat man bislang den negativen fall-out des Lockdown mit enormen staatlichen Hilfsprogrammen vermieden. Dies lässt sich nicht auf Dauer fortsetzen, ohne die Staatsfinanzen dauerhaft zu beschädigen.
Die Lösung sind wohl auch weiterhin die Impfungen. Es zeigt sich, dass Geimpfte seltener als Nicht Geimpfte intensiv-medizinisch behandelt werden müssen. Damit wird die Belastungsfähigkeit und Flexibilität des aktuelle Engpassfaktors und die damit einhergehende Begründung des Lockdown, die Zahl der Intensivbetten und der drohende Kollaps der medizinischen Versorgung, deutlich gesteigert. Somit dürfte bei einer ausreichenden Durchimpfung der Bevölkerung und einer zeitlich und mengenmäßig gut organisierten Auffrischung der Impfungen ein weiterer Lockdown vermieden werden. Die kritische Messgröße sollte sich mit dieser Entwicklung ebenfalls verändern – von den aktuellen Inzidenzwerten hin zu der Auslastung der Intensivbetten. (Insbesondere in Deutschland bräuchte man dann natürlich auch verlässliche Zahlen, die nicht von Interessen geleitet sind.) Natürlich werden Masken und die AHA-Regeln weiterhin unseren Alltag bestimmen, aber ein Lockdown sollte aus meiner Sicht nicht mehr notwendig sein. Der Prozess hin zu einem anderen Umgang mit dem Coronavirus wird sicherlich nicht geradlinig verlaufen und es wird immer wieder Phasen der höheren Unsicherheit geben. Die Diskussion dürfte aber bald an Dynamik gewinnen.
Zusammengefasst heißt das: wir lernen mit dem Virus zu leben, aber unser Leben wird vom Virus nicht mehr dominiert. Wirtschaftlich betrachtet sollten die vom Coronavirus induzierten negativen Auswirkungen relativ überschaubar bleiben.
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