Historisch betrachtet war China über viele Jahrhunderte hinweg die wirtschaftliche Supermacht in der bekannten Welt. Die wirtschaftliche Vormachtstellung endete eigentlich erst nachhaltig mit der Kulturrevolution unter Mao. Diese lange Dominanz Chinas hat wohl das Selbstverständnis vieler Chinesen geprägt. Daher ist es nicht verwunderlich, dass dies aus Sicht vieler Chinesen die eigentlich natürliche Position Chinas im Weltgefüge ist.
Der wirtschaftliche Aufstieg Chinas nach der Kulturrevolution begann mit den wirtschaftlichen Reformen von Deng Xiaoping, welche 1978 starteten. Die Reformen hatte zwar viele Facetten, aber im Grunde ließ man bis zu einem gewissen Grad eine wirtschaftliche Öffnung und Marktwirtschaft zu und setzte damit die starke Kraft der Kreativität frei. Das Ergebnis ist beeindruckend: China gelang binnen weniger Jahrzehnte der Aufstieg an die wirtschaftliche Weltspitze. So stieg nach Angaben der Weltbank das reale Bruttoinlandsprodukt Chinas zwischen 1978 und 2014 um das 48fache, die Arbeitsproduktivität je Erwerbstätiger erhöhte sich von 1980 bis 2012 um das Neunfache, und der Exportanteil im Verhältnis zum BIP stieg von 4,5 % im Jahre 1978 auf 22 % im Jahre 2014. Andererseits gehörten Korruption und zunehmende wirtschaftliche Ungleichheit zu den ernsten Problemen (siehe auch: https://de.wikipedia.org/wiki/Reform-_und_Öffnungspolitik)
Der wirtschaftliche Aufstieg hatte natürlich auch gesellschaftliche Konsequenzen. Einerseits stieg die wirtschaftliche Ungleichheit in der Gesellschaft. Aber gleichzeitig ging auch das Wohlstandsniveau aller Chinesen hoch. Der steigende Wohlstand war eine wichtige gesellschaftliche Klammer, die der chinesischen Regierung und damit der kommunistischen Partei das Wohlwollen der Gesellschaft und damit auch die Kontrolle über die Gesellschaft gab, da die Menschen insgesamt wohl relativ zufrieden waren.
Soviel zur glorreichen jüngeren Vergangenheit Chinas. Aber die Zeiten scheinen sich nun zu ändern. Offensichtlich sieht die jetzige chinesische Regierung und die kommunistische Partei den Wohlstandszugewinn nicht mehr als ausreichend starke Kraft an, die die gesellschaftliche Unzufriedenheit im Zaum hält. Stattdessen ist man dabei, ein soziales Punktesystem einzuführen, dass gutes Verhalten belohnt und schlechtes Verhalten (indirekt oder direkt) bestraft. Dabei definiert natürlich die Partei was gutes und schlechtes Verhalten ist. Weitere Anzeichen eines politischen Systemwechsels in China ist die repressive Haltung gegenüber Honkong und die zunehmende Glorifizierung des aktuellen Parteichefs Xi.
Neben den politischen Änderungen zeichnen sich auch in wirtschaftlicher Hinsicht spürbare Veränderungen an. So soll China perspektivisch unabhängiger von Exporten werden. Dieser Wunsch passt natürlich in den aktuellen politischen Mainstream. Aber offensichtlich werden nun auch verstärkt Investitionen von Unternehmen gelenkt und die politischen Solidaritätsbekundungen der Unternehmen haben ebenfalls deutlich zugenommen. Somit könnte eine Basis, die (relativ) ungestörte Kreativität perspektivisch eingeschränkt werden.
Steigender politischer Druck, stärkerer Protektionismus, weniger kreative Freiheiten senken die Anreize für Unternehmen, in China zu investieren. Damit könnte China mittelfristig an wirtschaftlicher Dynamik verlieren; dies umso mehr, da in einigen Jahren die ungünstigen demographischen Folgen der Ein-Kind-Politik voll zum Tragen kommen. Diese Entwicklung wird nicht unmittelbar einsetzen, aber mittelfristig dürfte sich die Wachstumsdynamik verlangsamen und auch die Gewinne der Unternehmen dürften sich damit weniger dynamisch entwickeln. Der mittelfristige Ausblick für den chinesischen Aktienmarkt ist also nicht ganz so vielversprechend, wie in den letzten Jahren. Bei Allokationsentscheidungen sollte man daher eher insgesamt auf Schwellenländer setzen, eine Übergewichtung im chinesischen Markt ist nicht mehr angezeigt.
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